Lexikograf mit Fantasie

Donnerstag, 26. September 2013 20:10


Abend zum 90. Geburtstag des Sprachwissenschaftlers Gerhard Wahrig

26.09.2013 - WIESBADEN

Von Viola Bolduan


Das Deutsche Wörterbuch in Zettelkästen ist turmhoch und bücherschrankbreit – klein und zierlich steht auf einem Foto aus den 60er Jahren sein Autor Gerhard Wahrig neben dem Werk. Die gesammelten 300 000 Zettel müssen dem Sprachwissenschaftler selbst so überwältigend erschienen sein, dass es den Techniker in ihm herausforderte und er sich fortan der elektronischen Datenvermittlung für die Wörterbuch-Erstellung verschrieb.

Familie versammelt

Dem Wiesbadener Lexikografen Gerhard Wahrig widmet die Gesellschaft für deutsche Sprache (GfdS) ihren Abend „Das Wörterbuch als Datenbank“. Im Literaturhaus versammeln sich Mitglieder, Gäste, Referenten und vor allem die Wahrig-Nachkommen Hans-Peter, Stefan, Bettina und Renate. Gemeinsam mit GfdS und Brockhaus-Verlag haben sie dem Vater liebevoll eine kleine Ausstellung im Foyer eingerichtet. Kleber, Schere, Lupe gehören noch zum alten Inventar eines Sammlers vor der digitalen Umstellung, Schul- und Hochschulzeugnisse sind Originaldokumente einer Biografie, und die verschiedenen Wörterbuch-Ausgaben legen Zeugnis ab von Wahrigs publizistischer Leistung und deren Fortsetzung.

In Bild und freiem Vortrag rekapituliert Renate Wahrig-Burfeind, des Sprachwissenschaftlers jüngste Tochter und Nachfolgerin im Fachgebiet, den Lebensweg des Vaters und dessen gedankliche Grundlagen für eine Wörterbuchstruktur. Deutlich wird: Dieser 1923 im sächsischen Burgstädt geborene Mann hätte auch Pilot (Hobby: Segelfliegen; Bordfunker in seinem Wehrdienst) werden können, erfindungsreicher Ingenieur oder an einer Hochschule ebenso gut Anglizistik-Professor. Das eben hatte er studiert und in diesem Fach auch promoviert. Seine unterschiedlichen Interessen aber bündelte Gerhard Wahrig schließlich für die Lexikografie, arbeitete hier systematisch und weitsichtig. Auch politisch klug, als er sich 1959 vom DDR-Ministerium nicht länger unter Druck setzen lassen wollte und mitsamt der Familie zur Flucht in den Westen entschloss. Das Grundlagenwerk, „Der Wahrig“, erscheint 1966, neben der lexikografischen Arbeit für Bertelsmann erstellt und aus dem Stand erschaffen. 1972 richtet der Mainzer Universitätsprofessor in Wiesbaden seine Wörterbuch-Redaktion ein, geht neben der Arbeit hier auch tanzen und ins Theater.

Wahrig lehrt Sprache als ein System von Zeichen, das formalen Kriterien folgt – so auch für die lexikografische Arbeit, die sich auf Wahrigs Grundlagen immer weiter entwickelt, wie Sabine Krome vom Brockhaus-Verlag und Professor Manfred Pinkal aus Saarbrücken in ihren Referaten erläutern.

Wahrig – Brockhaus – Duden: Dass alle drei große Namen der Lexikografie sich mit Wiesbaden verknüpfen, darauf hat GfdS-Vorsitzender Professor Armin Burkhardt zur Begrüßung aufmerksam gemacht und charmant den Wahrigs als den sympathischsten („wahr und warm“) gewürdigt.


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